Elterngespräche führen
Elterngespräche stellen für Lehrer und Lehrerinnen – auch nach dem Referendariat – eine große Herausforderung dar. Wie Elterngespräche gelingen, zeige ich Dir in sechs Schritten auf!
Schritt 0
Ein erfolgreiches Elterngespräch beginnt bereits, bevor Ihr Euch gegenüberstellt – nämlich mit der Vereinbarung des Gesprächs. Sollten die Eltern um ein Gespräch bitten oder ankündigen, in Deiner Sprechstunde vorbeizukommen, solltest Du unbedingt den Grund erfragen. Nur so kannst Du Dich gezielt darauf vorbereiten.
Wenn Du derjenige bist, der um ein Gespräch bittet, solltest Du ebenso fair sein, den Grund zu nennen. Andernfalls verfallen manche Eltern in Panik, welche negative Nachrichten sie erwarten mögen, und fallen aus allen Wolken, wenn Du ihnen von ihrem Kind vorschwärmst und den Wechsel auf eine höhere Schulform vorschlägst. Achte dabei auf wirklich positive Formulierungen…
…Eltern kommen selbstverständlich wesentlich ruhiger und lieber zu einem Gespräch, in dem es darum geht „ihrem Sohn zu helfen, sich noch besser auf den Unterricht zu konzentrieren.“ oder „Wege zu finden, die Freude am Lesen zu wecken“ als zu Terminen, in denen die „extreme Unkonzentriertheit“ und die „Defizite beim Lesen“ besprochen werden sollen.
Schritt 1
Bereits in den ersten Sekunden der Begegnung machen Eltern sich einen Eindruck von Dir. Sollte dieser negativ sein, wird es schwer ihn zu ändern, eine gemeinsame Basis zu finden oder Spannungen zu lösen. Achte deshalb besonders darauf:
- Gegebenenfalls kann es sinnvoll sein, die Eltern am Eingang der Schule oder am Lehrerzimmer abzuholen.
- Stelle Dich bei einer erstmaligen Begegnung – seltsamerweise wird dies von vielen Lehrern und Lehrerinnen häufig vergessen – mit Namen vor.
- Sprich die Eltern mit Namen an und danke ihnen für die Zeit, die sie sich genommen haben. Vergiss nie: Ein Elterngespräch ist für Dich Bestandteil Deines Jobs, viele Eltern haben sich dafür bei ihrem Arbeitgeber frei genommen, haben einen Babysitter organisiert oder andere Unannehmlichkeiten auf sich genommen. Würdige dies!
Schritt 2
Vermittle den Eltern bereits zu Beginn des Gesprächs den Eindruck, dass Du Interesse an einer positiven Entwicklung des Kindes hast und fasse den Anlass für das Zusammenkommen kurz zusammen, wenn Du Du um dieses gebeten hast. Haben die Eltern um ein Gespräch gebeten, solltest Du ebenfalls kurz schildern, welchen Anlass Du bei der Terminvereinbarung herausgehört hast. Ansonsten kannst Du die Eltern bitten, den Grund für Ihren Besuch kurz darzustellen.
Achte bei Deiner Zusammenfassung auf positive Formulierungen und vermeide Verallgemeinerungen:
negativ | positiv |
Wir sitzen hier zusammen, weil es Ihrer Tochter schwer fällt, im Unterricht still zu sitzen. | Wir sitzen hier, um Ihrer Tochter zu helfen, sich besser auf den Unterricht zu konzentrieren. |
Ich wollte mit Ihnen sprechen, weil Ihr Sohn sehr häufig zu spät kommt. | Ich wollte mit Ihnen sprechen, um Wege zu finden, dass Ihr Sohn rechtzeitig zu Unterrichtsbeginn im Klassenzimmer ist. |
Gerade im letzten Beispiel bietet sich auch eine stärkere Ausweitung der Kernaussage an: „Ich wollte mit Ihnen Wege finden, ihrem Sohn gemeinsam die Wichtigkeit von Regeln aufzuzeigen.
Die weiteren Schritte kommen sobald wie möglich…
Schritt 3 – Informationsaustausch
Tausche mit den Eltern Informationen zum Thema aus. Wenn Du um das Gespräch gebeten hast, schilderst Du das Verhalten des Schülers sowie die Gedanken und Vermutungen, die Du diesbezüglich anstellst. Achte dabei auf Folgendes:
Benenne das Verhalten, nicht Persönlichkeitseigenschaften:
Er hat die meiste Zeit aus dem Fenster geblickt. statt Er ist unaufmerksam.
Betone, dass es sich um Deine Vermutungen handelt:
Ich vermute, dass Eileen zu spät ins Bett gegangen ist. statt Eileen schläft zu wenig.
Wenn die Eltern um das Gespräch gebeten haben, bittest Du sie zunächst, von ihren Beobachtungen und Überlegungen zu berichten. Dabei solltest Du…
- Dir Notizen machen,
- Blickkontakt suchen,
- aufmerksam zuhören und
- gezielt nachfragen („habe ich richtig verstanden, dass Sie…“).
Abschließend kannst Du eine kurze Zusammenfassungen dessen geben, was bei Dir angekommen ist.
Schritt 4
Nachdem Ihr nun beide informiert seid, können Du und die Eltern daran gehen, Lösungsansätze zu finden. Was kann getan werden, um dem Schüler zu helfen, seine Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen oder seine Fortschritte zu stabilisieren?
Hier solltet Ihr zunächst alle Ideen sammeln, um daraus dann einen Interventionsplan zu erstellen. Beantwortet gemeinsam bei jeder Maßnahme folgende Fragen:
- Wann und wie lange soll diese umgesetzt werden?
- Wer ist zuständig?
- Woran seht Ihr den Erfolg der Maßnahme?
Abschließend ist es noch wichtig, einen Anschlusstermin im Blick zu halten. Wollt Ihr Euch in 6 Wochen wieder austauschen oder ist dies zu spät? Außerdem solltest Du noch einmal nachfragen, ob die Eltern mit der Vorgehensweise einverstanden sind. Manche Eltern fühlen sich in derartigen Gesprächen überfordert und trauen sich nicht, Einwände vorzubringen. Vergewissere Dich, dass Ihr alle an einem Strang ziehen werdet.
Schritt 5
Der große Knackpunkt für Lehrerinnen und Lehrer ist es, ein Elterngespräch zu beenden. Umso mehr gilt dies noch für Lehramtsanwärterinnen und -anwärter. Nach eigenen Aussagen wird dann das Besprochene wieder und wieder durchgekaut:
Mir ist aufgefallen, dass auch die Eltern genau wussten, dass das Gespräch vorbei ist. Nur haben wir uns wieder und wieder im Kreis gedreht und alles wiederholt, weil niemand aufstehen und das Gespräch beenden wollte.
Am Einfachsten ist es, wenn Du Dich deshalb am Ende eines Elterngesprächs an einen ganz einfachen Fahrplan hältst:
- Gehe zurück zum Ausgangspunkt und wiederhole, weshalb Ihr Euch getroffen habt.
- Fasse das Ergebnis Eures Gesprächs zusammen. Betone dabei, wie beide Parteien in den nächsten Wochen agieren werden.
- Frage nach, ob den Eltern noch etwas unklar ist.
- Sprich ein weiteres Treffen an, an dem Ihr die Fortschritte besprechen und Euer verhalten anpassen wollt. Sprecht an dieser Stelle auch ab, wer wen kontaktiert oder legt bereits einen Termin fest.
Soweit so gut – was aber, wenn Ihr keinen Konsens findet? Was, wenn die Eltern mit Deinen Maßnahmen nicht einverstanden sind, wenn Ihr einfach auf keinen gemeinsamen Nenner kommt? Natürlich muss auch in einem derartigen Fall das Gespräch beendet werden. Sinnvoll ist es dann allerdings, darauf hinzuweisen, dass Du das gesagt auf Dich wirken lassen wirst, dass Du Dir Gedanken über mögliche Lösungen machst und dass es Dich freuen würde, wenn die Eltern genau so verfahren würden. Anschließend könnt Ihr Euch auf ein weiteres Treffen verständigen wie in Punkt 4 beschrieben.